Podcast

#01 Land Radde 

Die Aufzucht unserer Land Radde,

oder wie ein „fünfköpfiger“ Familienvater zum Hund noch ein weiteres Tier ins Haus holte und für artgerechte Haltung sorgt.

Im Jahre 2003 wurden wir von unseren Freunden aus Windhoek eingeladen, doch einmal unseren Urlaub in Namibia zu verbringen. Unsere Kids waren damals noch recht jung,-  Dana 9, Ellen 7 und unser Sohn Milan war 5 Jahre alt.

Trotz Bedenken von Freunden und der Verwandtschaft wurde der ca. 4500 km-Trip durch Nationalparks und Wüsten durchgeführt und das Erlebte hat unserer Familie mehr als gutgetan. Das Erlebte wäre sicherlich einen eigenen Bericht wert, aber hier gehört es zunächst mal zu Vorgeschichte des Familienzuwachses Nr. 7.

In Afrika waren wir im geliehenen Toyota Landcruiser II unterwegs und wurden von unseren Freunden (auch mit Kids, zwei Töchter, eine 3 Jahre alt und ein Säugling von 3 Mon.) im eigenen Defender 110 begleitet. Eigentlich fand ich damals den Toyo etwas besser, als den Landy. Besonders das eingeschränkte Platzangebot für den Fahrer hatte mich im Briten etwas gestört. Aber heute habe ich ein etwas anderes Verhältnis zum Urvieh von der Insel: It´s just pretty cool!

Zurück in Deutschland und somit in der Straßen-mäßigen Normalität, wäre ein Heavy-Duty-4×4 sicherlich Klasse, aber erstmal nicht realistisch. Aber ein SUV statt eines Vans durfte es dann doch sein,- Jeep Grand Cherokee.

Der Jeep hat uns in ca. 4 Jahren mehrmals im Urlaub in Italien begleitet und wir waren durchaus mal kernig off-road unterwegs, auch in entsprechenden Off-Road-Parks. Man glaubt nicht was in dieser Kiste steckt. Ebenfalls Empfehlenswert.

Als wir dann aber 2009 eigentlich nach einem Wohnmobil suchten, hatte ein Händler zwischen seiner „Weißen Ware“ plötzlich auch einen voll ausgerüsteten Defender 110 stehen. Ich habe diesen Landy zwar eine längere Zeit aus den Augenwinkeln im www beobachtet, aber habe nicht im Traum daran gedacht diesen meiner Frau vorzuschlagen. Als sie ihn aber bei der Durchsicht meiner Angebote/Vorschläge sah, sagte sie nur: „Guck mal der wäre doch auch nicht schlecht.“ „Schlecht? Man der wäre spitze!“ kam es wie aus der Pistole geschossen zurück.

Zwar war dieses auch preislich sehr gute Angebot gerade verkauft worden, aber mein Jagdinstinkt war geweckt, die www-Suchkriterien wurden umgehend geändert und schon nach ein paar Wochen hatte ich was ich wollte.

Ein klassischer Schotterplatz-Autohändler aus Limburg hatte einen weißen Defender 110 günstig abzugeben. Da das Fzg. seit seiner Geburt Dienst im lausitzer Braunkohle-Tagebau, im Umfeld der Schwarzen Pumpe, einem der größten Braunkohlekraftwerk Deutschlands, verrichtet hatte, sah es entsprechend aus und günstig wurde relativ. Da wir aber unbedingt einen weißen wollten und mir die Story „Befreiung aus einem jahrelangen Martyrium“ gut gefiel, habe ich mit dem Verkäufer bis aufs Blut verhandelt. Mit weiteren 1000,-€ Rabatt und einer neuen Windschutzscheibe ging der Landy in unseren Besitz über. Soviel schon mal vorweg. Das doppelte des Kaufpreises haben wir seit dem ins Fzg. gesteckt,- gerne.

Da ich weder Halle noch Werkstatt habe, wurde das verwahrloste Kohlengrube-Pferd in den nächsten Wochen im Freien hinterm Haus, aufgepäppelt.

Nach einer intensiven Außen- und Innenreinigung, bei der der Teppichboden größtenteils ausgetauscht wurde, war der Off-Roader nun auch in normaler Kleidung nutzbar. Mit unserem Sohn Milan zusammen haben wir über Wochen, vieles an Anbauteilen bei ebay ersteigert und verbaut. Alles was nach Abenteuer aussah wurde geordert, wie Riffelbleche für Haube und Kotflügel, Reserverad an der Hecktür, Heckleiter und zu guter Letzt ein echt Old-School-Dachgepäckträger aus Stahl und Holz. Schnorchel und Unterfahrschutz kam später noch dazu.

Die originalen Räder bzw. Reifen sind entgegen meiner ersten Annahme viel teurer als SUV-Breitreifen und deshalb wurden sie später komplett getauscht.

Für unseren ersten Urlaub mussten dann noch Alu-Kisten her. Da sich die ersten (billigen) beim Festspanntest verbogen bzw. die Griffe rausrissen, haben wir hier zweimal kaufen müssen. Achtung auch Militär-Alu-Falt-Kisten die zwar sehr stabil sind, haben den Nachteil, dass überall durch die Scharniere Wasser eindringt.

Zum Schluss brauchte unser neues Familienmitglied natürlich noch einen Namen. Da der originale Schriftzug vorne an der Motorhaube fehlte, wollten wir ihn genau da tätowieren. Weil wir Westfahlen aus der Sicht der Württemberger anscheinend aus Norddeutschland sind und wir diese Behauptung dauern richtigstellen müssen, kamen wir schnell auf das Gegenteil von Seemann,- Landratte. Wir haben dann noch dem ursprünglichen Schriftzug nachgeeifert und ein wenig Plattdütsch mit reingebracht. Mittlerer Weile werde auch ich schon so genannt, wenn wir Ausflüge mit Gleichgesinnten ins Gelände machen.

Nun ging´s aber los auf die erste echte Tour. All unsere Sachen oben aufs Dach, brachte wahnsinnig viel Raum im Inneren. D.h. unsere drei Kids konnten sich auf drei Rückbänke verteilen,- 1x quer und 2x längs in Fahrtrichtung.

Unser Ziel war wieder Italien, dieses Mal Ligurien und der Weg dahin sollten voll off-road-mäßig über die Alpen führen. Von einem Arbeitskollegen hatte ich von der Ligurischen Grenzkammstraße gehört. Im www hatte ich weiteres dazu gelesen und ich entschied, dass sie das Richtige für einen Off-Road-Familien-Ausflug ist.

Somit trafen wir, nach einem zweitägigen Bade-Zwischen-Stopp am Lugano-See, in Limone Piemonte am Fuße des Colle de Tenda ein. Da uns der dortige Campingplatz nicht zusagte, fuhren wir, obwohl schon später Nachmittag, weiter bergauf. Das war eine super Entscheidung. Wie vom Kollegen empfohlen, nutzen wir die letzten Wäldchen am Wegesrand, um uns noch mit Brennholz zu versorgen und schafften es sogar gut vor Einbruch der Dämmerung bis zum Fort Central. Das ist ein sehr guter Ausgangspunkt, um die ligurische Grenz-Kamm-Straße zu erobern. Dort packten wir aus, stellten die drei Zelte auf (eins im Taschenformat für unseren Hund) und kochten uns unser Abendessen.

Danach ging´s zur Nachtwanderung in die Festungsruine. Man war das aufregend,- auch für uns Erwachsene. Aber es hat uns kein Geist und auch kein entlaufener Sträfling aufgelauert und massakriert. Somit konnten wir den Tag an einem kleinen Lagerfeuer ausklingen lassen.

Als wir am frühen Morgen aufwachten, spürten wir den Zeltstoff im Gesicht, so stark blies draußen der Wind. Es war ein Wunder, dass unsere Stoffhundehütte samt Hund überhaupt noch da war.

An frühstücken im Freien war gar nicht zu denken und somit packten wir erstmal ein und machten uns an den weiteren Aufstieg. Die Warn-/Verbotsschilder am Wegesrand wurden einfach ignoriert und ließen unseren Freiheits- und Abenteuerdrang nur noch weiterwachsen.

Nach einigen Stunden lies der Wind schlagartig nach und wir erlebten ein fantastisches Frühstückspicknick auf ca. 2800 m ü.NN bei strahlendem Sonnenschein. Zudem feierten wir dort ausgiebig den 11. Geburtstag unseres Sohnes Milan. Hier oben konnten seine zwei Schwestern Ellen und Dana ihm seine Geschenke von Frankreich aus überreichen, obwohl er selbst noch in Italien stand. Hier erkannten die Kids, dass Grenzen von Menschen gemacht sind und man sie eigentlich nicht braucht.

Der weitere Reiseverlauf war zunehmend beeindruckend und abenteuerlich. Die alte Militärstraße schlängelt sich durch eine atemberaubende Landschaft. Mal auf, mal ab, aber oft eben auch direkt oben auf den Bergkämmen, verläuft die zum Teil sehr gut befestigte, aber sehr schmale Straße. Meine Ehefrau und Copilotin Petra brachte das notwendig Maß Besonnenheit ein. D.h. wir blieben vernünftiger Weise auf der Hauptroute, so wurde das fahrtechnische Risiko abschätzbar. Da wir aber trotzdem nicht wirklich wussten was noch alles auf uns zukommt, war die (An-) Spannung den ganzen Tag über groß.

Als uns am Nachmittag ein ca. 15-20 Jahre alter Fiat Panda 4×4 entgegenkam, wussten wir aber, dass wir es schaffen werden. Die gelegentlichen Geröllpassagen wurden gut gemeistert und die 3-4-mal auf dem Weg liegenden großen Felsen konnten mit ordentlichen Schräglagen, mal bergwärts aber manchmal auch bergabwärts, umfahren werden. Immer wieder stiegen die anderen Familienmitglieder aus, um einfach einen Teil der Strecke zu Fuß gehen zu können. Viel schneller war die Land Radde ja sowieso nicht und permanent vom Fenster aus in hundert Meter tiefe Abgründe zu schauen macht auch etwas nervös. Aber die Aussicht war einfach gigantisch und zu Fuß ließ sie sich besser genießen. Bei ganz atemberaubenden Passagen stieg auch ich schon mal für eine Foto Session aus.

Abends hatten wir die ca. 60 km gesund und munter überstanden und nach der (An-) Spannung kommt ja bekanntlich die herrliche Entspannung. Unsere tapfere Familie war sehr glücklich und zufrieden und von meiner Seite aus hätten wir nach Hause fahren können, denn so ein Tag bringt mir mehr als eine Woche Strand. Natürlich haben wir aber alle den weiteren Urlaub noch sehr genossen und sind mehrmals vom Strand weg ins ligurische Hinterland geknattert, um der Land Radde den passenden Auslauf zu gewähren. Denn nun wollten alle nochmal zwischendurch ´nen Off-Road-Kick.

Mittlerer Weile sind die Kids schon alle mit Führerschein ausgestattet und führen unseren treuen Freund schon selber gelegentlich im Urlaub oder für ´ne Spritztour aus. Das macht den Vater natürlich besonders stolz, dass sie sich beim Spielen im Dreck ein paar deftige Viren eingefangen haben. Tscha, sonne Radde ist halt Bazillenträger.

Ich kann somit nur allen zur Verwirklichung ihrer Träume raten und zitiere zum Schluss das weitere Tattoo am Po unserer Radde: Mach Dein Ding.

Eure Land Radde Rainer

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